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Thema: Aus dem Nebel erheben sich Worte So Feb 17, 2013 12:35 am
Hej,
Also ein Thread für meine neuesten Gedichte, den ich mal immer wieder erweitern möchte. Vorwarnung: Ich übernehme keine Haftung für gedankliche Schäden, die entstehen können. Hiermit meine ich Anzeichen wie ... Ach, lassen wir das. So ist es nun auch wieder nicht xD Schaut einfach rein und riskiert eure klar geordnete Welt.
Spoiler:
Als die Welt unterging
Als die Welt unterging, war es helllichter Tag. Die Straßen waren verlassen und vermüllt, weil sich niemand mehr die Mühe gemacht hatte, aufzuräumen. Es herrschte Stille, nicht einmal die Hunde bellten.
Als die Welt unterging, evakuierten Wissenschaftler heimlich eine Gruppe von Eliten. Sie wollten irgendwo einen neuen Staat aufbauen, um die Menschheit zu erhalten. Ihr Raumschiff kollidierte mit Weltraumschrott.
Als die Welt unterging, verschanzten sich die Reichen dieser Welt zusammen mit ihren Lieblingsmarionetten unter einer großen Kuppel. Von hier wollten sie das Schauspiel genießen und danach ihr Leben weiterführen. Der Techniker vergaß, einen Eingang zu verriegeln.
Als die Welt unterging, setzte sich ein alter Mann neben das Grab seiner Frau und schloss die Augen. Er war dort, um das Versprechen einzulösen, dass er ihr vor langer Zeit einmal gegeben hatte: „Ich werde an deiner Seite sterben.“ Ihn schützte keine Kuppel.
Als die Welt unterging, stand eine junge Frau auf einer Klippe und sah hinunter in die tobende Brandung. Tränen liefen ihr über das Gesicht, als sie ihre Wut darüber hinausschrie, dass ihr Leben schon vorbei sein sollte. Der Wind nahm sie mit in den Tod.
Als die Welt unterging, stand ein kleines Mädchen verständnislos vor den verkohlten Leichen ihrer Eltern und fragte sich, was diese Fremden da machten. Enttäuscht wandte sie sich ab, als sie feststellte, dass hier niemand auf sie wartete. Eine alte Frau, die zufällig vorbeikam, bekreuzigte sich.
Als die Welt unterging, strömten alle Gläubigen zu ihren Heiligtümern und flehten ihre Götter an. Sie baten um Erlösung für sich und ihre Familien, die ganz Selbstlosen zunächst für die ganze Welt. Sie wurden nicht erhört.
Als die Welt unterging, saßen die Götter rund um ihren Kamin und losten aus, wer den nächsten Planeten erschaffen durfte. Als sie die Rufe ihrer Anhänger vernahmen, drehten sie die Musik etwas lauter. Jeder von ihnen nahm sich einen Zettel.
Als die Welt unterging, zerstob die Erde in viele kleine Teilchen und wurde von einem letzten Windstoß verstreut. Ihre Asche legte sich über das Fenster der Götter und verdunkelte den Raum, sodass sie nicht sehen konnten, wer die Ziehung gewonnen hatte. Einer von ihnen machte das Licht an.
Als die Welt unterging, war es helllichter Tag …
Spoiler:
Sparflamme
Wabernde Lichter zuckende Hüllen -
Leben auf einem Gasplaneten?
Erschlagene Blindheit verhüllt im Grauen geronnen in - Blut
Nur ein Feuerzeug, das Wärme gibt
Das Wasser zu Fäden gewebt aus dem Nichts die Tropfen zu Atem
und gelöste Schleier schwirren umher
Verlorene Worte gesprochen im Wind erhalten in Zeit
Spoiler:
Lebenslauf
Farben auf Asphalt getretener Fröhlichkeit voller verwackelter Linien bis zum Tode gemalt und dann – ertrunken im Regen
Allein in Gesellschaft
Schreie gegen Wände blickdichter Käfige verspiegelte Fenster mit Illusionen imaginärer Freiheit und dann – zerbrochen in Enge
suchen wir gefundene Pfade
Leben in Bildern ermordeter Träume im perfekten Schein unseres Glaubens und dann – verschwindet das Licht
sind frei in Gefängnissen
Rückstand im Dunkel des fallenden Schnees Nächte voller Erinnerungen an nie gekannte Freiheit und dann – vom Frost erstickte Gräber
und gehen dorthin, wo wir schon immer waren.
Viele Grüße, Nebeltau
Gast Gast
Thema: Re: Aus dem Nebel erheben sich Worte Fr März 01, 2013 7:05 pm
Sorry, aber irgendwie gefallen mir diese Gedichte nicht ...
Polarlicht Warrior Katze
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Thema: Re: Aus dem Nebel erheben sich Worte Fr März 01, 2013 7:07 pm
Ich finde sie, ganz interessant, nur finde ich, es sind nicht wirklich Gedichte sondern eher "Kurzgeschichten / - erzählungen". Ist ja aber auch Geschmackssache (:
Nebeltau Junges
Alter : 28 Beiträge : 141 Anmeldedatum : 16.02.13 Ort : Zwischen zwei Buchdeckeln, da wo es nach frischem Papier duftet
Thema: Re: Aus dem Nebel erheben sich Worte Fr März 01, 2013 10:49 pm
Hej,
@Nencya: Kein Problem, ich diskutiere sie mit mir selbst auch recht kontrovers. Meine früheren Gedichte waren anders, nicht so abstrakt. Aber dennoch bin ich mit denen ganz zufrieden :DD
@Polar: Für "Kurzgeschichten/-erzählungen" sind sie da dann noch zu knapp gehalten, zu aufgebrochen. Wenn ich eine Geschichte schreibe, erzähle ich und knalle dem Leser nicht nur eine Reihe von Worten ins Gesicht, die er entweder toll findet oder sich abwinkend abwendet. Mag sein, dass insbesondere das erste auf diese Art und Weise empfunden wird - und ja, man könnte es etwas ausformulieren und dann wäre es eine kleine Erzählung. Das Wortgerüst stand aber auch allein, da wollte ich es nicht versauen. xDD
Rein zum Vergleich eine Kurzgeschichte von mir, nicht so wirklich das Gelbe vom Ei, aber dennoch:
Spoiler:
Es ist nicht immer gleich und wird doch nie anders
Haben wir das verdient, was uns im Leben begegnet? Der Bus schiebt sich wie eine klapprige, rollende Sardinenbüchse durch die Straßen Krakaus, ruckelt über Asphalt voller Schlaglöcher und Straßenbahnschienen. Er kommt nur langsam voran, denn an diesem wie auch an jedem anderen Freitagnachmittag strömen Tausende in ihren Autos, in ihren Bussen aus der Stadt in die umliegenden Gemeinden und Dörfer. Die wöchentliche Lachswanderung der Menschen zu ihren Laichplätzen, ihren Geburtsorten hat wieder einmal begonnen. Sobald das blaue Fahrzeug hält, stürzen die Wanderer herbei und reißen die Vordertür auf, um sich ihren Platz im Strom zu sichern: Erwachsene, die der Stadt für zweieinhalb Tage entkommen wollen, Schüler, die im nahen Piekary im Internat des dortigen Lyzeums wohnen und auch Einwohner der nahen Dörfer, die diese Reise jeden Tag auf sich nehmen. Ganz hinten hockt mit halb angezogenen Beinen eine junge Frau, die durch die Kälte geröteten Wangen halb hinter einem Schal versteckt. Im Verborgenen bewegt sich ihr Mund, spricht lautlos die ersten Textzeilen von „How to disappear completely“, Radiohead, mit. Ihre Augen streifen die Menge, die sich wie eine verängstigte Herde Schafe im Gang zusammendrängt, gleiten dann wieder zum beschlagenen Fenster, können gerade noch so die vorbeiziehende Umgebung erkennen. Alle paar Meter späht eine Laterne mit orangefarbenem Blick herein, erhellt die Gesichter ihrer Mitreisenden. Sie wendet den Kopf. Es sind zu viele. All diese Menschen hat sie noch nie gesehen, doch zumindest einige kommen ihr vor wie Bekannte aus einem anderen Leben. Die alte Frau mit den Gummistiefeln wendet sich ihr zu und lächelt sie an. „Nimm doch noch etwas Kuchen, Marta, du bist so dünn.“ Marta schüttelt den Kopf, zeigt mit ihrem Finger nach draußen, wo ein Auto die Einfahrt hinaufkommt. „Danke, aber ich habe keine Zeit mehr.“ Eine Bodenwelle reißt sie aus ihren Gedanken, das Gesicht ihrer Großmutter verwandelt sich wieder in das einer Fremden, die sich krampfhaft an einem der Sitze festhält, um beim Bremsen nicht in der Wasserlache ihrer Stiefel wegzurutschen. Der Bus hält, die Tür wird geöffnet und kalte, nach Schnee riechende Luft schleicht hinein, wird von den Einsteigenden nach vorne gestoßen wie die Menschen, die sich schon innerhalb des Busses befinden. „Du kannst so glücklich sein! Du hast einen gut bezahlten Job, einen Freund, der dich liebt … Was stehst du also da rum und machst ein Gesicht, als stünde der Weltuntergang bevor?“ Der Geruch von frisch gebackenen Keksen, von Blumen und Sommer schmeichelt ihrer Nase, ein bleiches Licht kommt durch das Fenster hinein und macht den blonden Haarschopf ihrer Schwester noch heller, als er so schon war. Der Junge hinter ihr greift nach den Keksen und lacht. „Wenn der Weltuntergang bevorstünde, würde Marta sich wohl freuen.“ Irgendwo im Haus fällt eine Tür zu. Eine Bewegung geht durch die zusammengequetschte Menge, ein paar Mitfahrer finden einen Sitzplatz, auch das Mädchen, das sie an ihre Schwester erinnert hatte, als es mit einem ärgerlichen Gesicht an eine Sitzreihe presste, um die Frau in Gummistiefeln durchzulassen. Martas Sichtfeld wird frei auf einen jungen Mann, der nahe des Fahrers steht und aus der Frontscheibe starrt. Sie sieht seine Gestalt näher kommen, hört seine Schritte durch dem Schneematsch. Noch liegt sein Gesicht im Dunkeln, doch den Umriss seines Körpers würde sie wohl immer wieder erkennen. „Marta, kochanie“, ruft er, seine Stimme wärmt sie trotz des Windes, der ihr ins Gesicht schlägt. Ihr stockt der Atem für einen Moment, dann schaut sie demonstrativ aus dem Fenster, die Finger in den Handschuhen verkrampft. Kleine Wassertropfen, geschmolzener Schnee, rollen am Glas herunter, werden Gegenstand ihrer Aufmerksamkeit. Sie weiß, wohin ihre Gedanken sie führen wollen, doch sie ist fest entschlossen, sie aus ihrem Bewusstsein auszusperren wie einen tollwütigen Hund. Sie hält ihren Vorsatz ganze 15 Minuten lang, bis sie dem Fahrer ein „Proszę na przystanku“ zuruft. Beim Aussteigen muss sie an dem jungen Mann vorbei. Ihre Blicke treffen sich, für einen Moment steht sie wieder an dieser Bushaltestelle. Sein Gesicht, von einem näherkommenden Auto erleuchtet. „Brauchst du Hilfe?“ Freundlich sieht der Mann Marta an und greift an ihr vorbei zu dem Hebel, mit dem sich die Tür öffnen lässt. Der Fahrer schaut ungeduldig hinüber, als sie fassnungslos und von den strahlend blauen Augen gebannt hinausstolpert. Sie breitet die Arme in Erwartung seiner Ankunft aus. Dann steht sie draußen, wirft die Bustür mit einem Knall zu und starrt teilnahmslos auf das losfahrende Fahrzeug, auf die feuchte Straße und dann in die Dunkelheit um sie herum. Gleißendes Licht lässt ihn verschwimmen, nur seine Augen sind über all dem klar zu erkennen. Sie sieht die Freude über ihr Wiedersehen, ihre Lebendigkeit und dann ein beginnendes Begreifen des kommenden Schreckens ihn ihnen. Das misstönende Kreischen von Bremsen untermalt die Szene. Vor ihr stoppt ein Bus, ein paar Fahrgäste steigen aus und werfen ihr neugierige Blicke zu, von denen sie aber keine Notiz nimmt. "The moment's already passed, yeah, it's gone" Immer noch hört Marta Musik, Radiohead, Endlosschleife. Sie senkt den Kopf. Der Schnee zu ihren Füßen ist schwarz.
Najaa, nichts Besonderes eben. Kleine, depressive Novembergeschichten. Viele Grüße, Nebel